Leon Eberhard
M. Sc. Psychologe
Depressionen
Wie das Leben wieder einen Sinn bekommt
„Hoffnung bedeutet, sehen zu können, dass es trotz aller Dunkelheit Licht gibt.“
Desmond Tutu - Menschenrechtler und Geistlicher
Was ist eine Depression?
Fühlen Sie sich derzeit völlig kraftlos und bringen Sie schon alltägliche Dinge, wie ein Einkauf im Supermarkt, an Ihre persönlichen Grenzen? Haben Sie das Gefühl, den Kontakt zu sich selbst und Ihren Mitmenschen verloren zu haben und können sich nicht mehr über die schönen Momente des Lebens freuen? Scheint Ihnen alles egal zu sein und fällt es Ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen? Dann könnten Sie vielleicht unter einer Depression leiden.
Eine Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, die Sie als ganzen Menschen betrifft. Dabei treten sowohl seelische als auch körperliche Beeinträchtigungen auf. Doch nicht jede Phase der Niedergeschlagenheit, trübe Gedanken oder Antriebslosigkeit lässt sich als Depression einordnen. Jeder von uns hat ab und zu Tage, an denen die Stimmung nicht die beste ist und die Energie fehlt. Erst wenn diese Symptome über einen längeren Zeitraum anhalten und Sie im Alltag ernsthaft darunter leiden, kann man von einer depressiven Störung sprechen. Zu den Kernsymptomen einer Depression gehören:
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Niedergeschlagenheit, gedrückte Stimmung
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Interessenverlust an Spaß bereitenden Aktivitäten
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Antriebsverlust (erhöhte Ermüdbarkeit)
Von diesen Symptomen müssen mindestens zwei über einen Zeitraum von wenigstens 14 Tagen an mehr als der Hälfte der Tage vorhanden sein. Darüber hinaus müssen für das Vorliegen einer Depression mindestens zwei weitere Beeinträchtigungen aus einem breiten Spektrum an Zusatzsymptomen vorhanden sein (siehe nächster Abschnitt).
Weitere Gesichter der Depression
Neben den im vorherigen Abschnitt beschriebenen Beschwerden leiden viele Betroffene an vermehrtem Grübeln, starken Schuldgefühlen, Hoffnungslosigkeit und emotionaler Gereiztheit. Körperliche Beeinträchtigungen manifestieren sich oft durch Schlafstörungen (Defizit oder Übermaß), Libidoverlust (Nachlassen des sexuellen Interesses), Nervosität oder Gehemmtheit, Veränderungen des Appetits (Ab- oder Zunahme) sowie Schmerzen (Kopfschmerzen, Rückenbeschwerden, etc.).
Häufig kommt es auch zu kognitiven Einschränkungen (geistige Leistungsfähigkeit). Hierzu zählen Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme oder eine Verlangsamung der Sprache. Bei starken Depressionen können diese Symptome auch einer Demenz ähneln, sodass dann eine sogenannte Pseudodemenz vorliegt. Mit Abklingen der Depressivität schwinden diese Beschwerden jedoch wieder.
Auch wenn Suizidgedanken im Rahmen einer schweren Depression keine Seltenheit sind, kommt es nur in rund 15% der Fälle zu einer Selbsttötung. Um dies zu verhindern, ist eine gute psychologische und ärztliche Behandlung für die Betroffenen unerlässlich.
Wie erleben Betroffene eine Depression?
Auch wenn spezifische diagnostische Kriterien für eine Depression existieren, erlebt jeder Mensch eine derartige Episode unterschiedlich.
Viele Betroffene fühlen sich von ihrem Umfeld missverstanden und isoliert, da Angehörige oft mit der anhaltenden Niedergeschlagenheit überfordert sind. Dadurch kann es zu vermehrtem sozialen Rückzug kommen, um der Ablehnung durch das Umfeld sowie wohlgemeinten Ratschlägen der Angehörigen aus dem Weg zu gehen. Gefühle der Hilflosigkeit und Unzulänglichkeit folgen häufig, da die Betroffenen oft selbst nicht verstehen, warum sie so antriebslos sind und was sie dagegen tun können.
Das Gefühl der Isolation und der soziale Rückzug können sehr belastend sein und in vielen Fällen entsteht dann eine Abwärtsspirale. Der Alltag gerät aus den Fugen und Betroffene verlieren den Anschluss an ihr Umfeld. Dies verstärkt die negativen Gefühle und Gedanken und führt zu weiterem Rückzug. Dann Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, kann als demütigend empfunden werden und starke Schuld- und Schamgefühle hindern die Betroffenen daran, etwas dagegen zu unternehmen.
Was sind mögliche Risikofaktoren?
Depressionen entstehen durch ein Zusammenwirken zahlreicher Faktoren und lassen sich nur selten auf einen einzelnen Umstand zurückführen. Oft geht einer Depression ein belastendes Ereignis voraus, jedoch gibt es auch Betroffene, die keinen konkreten Auslöser benennen können. Es existieren jedoch gewisse Risikofaktoren, die das Entstehen einer Depression wahrscheinlicher machen. Hierzu zählen z.B. folgende Aspekte:
Verlusterfahrungen (nahestehende Menschen, berufliche und private Rollenfunktionen, etc.)
Monotone Tagesstruktur (rigide Routinen, wenig Abwechslung im Alltag)
Verhaltensdefizite (fehlende Fertigkeiten im Umgang mit Belastungen und Stress)
Rigide Überzeugungen (Perfektionismus und sehr hohe Ansprüche an sich selbst)
Depressionen sind in der Familie verbreitet
Vorherige Depressionen (erhöhte Rückfallgefahr)
Akute und chronische Erkrankungen (erlebte Hilflosigkeit durch körperliche Einschränkungen)
Wie verläuft eine Depression?
Da jeder Mensch individuelle Lebensumstände und einzigartige Ressourcen mitbringt, kann die Intensität und Entwicklung einer Depression sehr stark variieren. Die meisten Depressionen nehmen jedoch einen phasenhaften Verlauf mit Intervallen der Symptomfreiheit. Grundsätzlich lassen sich drei Verlaufsformen unterscheiden:
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Unipolare Depression (eine oder wiederkehrende depressive Episoden)
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Bipolare Erkrankungen (manisch-depressive Erkrankung)
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Dysthymie (anhaltende depressive Verstimmung)
Depressive Episoden können wenige Wochen bis hin zu mehreren Monaten andauern (in der Regel drei bis sechs Monate). Wie lange eine solche Phase anhält, hängt unter anderem davon ab, ob die Betroffenen sich Unterstützung suchen und wie viele Episoden bereits durchlebt wurden. Bei Ausbleiben von psychologischer Hilfe besteht ein sehr hohes Rückfallrisiko von bis zu 80 Prozent.
Wie lassen sich Depressionen erfolgreich behandeln?
Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen psychologischen und pharmakologischen (mittels Medikation erfolgenden) Interventionen. Der Einsatz von entsprechenden Medikamenten (Antidepressiva, z.B. SSRI) ist jedoch nur bei schwereren Verlaufsformen einer Depression zielführend. In diesen Fällen können Antidepressiva dabei helfen, den notwendigen Antrieb für eine weiterführende psychologische Behandlung zu ermöglichen.
Eine zusätzliche Kombination mit geeigneten psychologischen Therapien ist jedoch in jedem Fall aussichtsreicher als eine reine medikamentöse Behandlung. Hierbei haben sich die kognitive Verhaltenstherapie (z.B. nach Beck) sowie achtsamkeitsbasierte Methoden (z.B. Akzeptanz und Commitmenttherapie, MBSR, MBCT) als sehr wirksam herausgestellt. Welche Therapieform am besten hilft, hängt jedoch sehr von den Umständen der Betroffenen ab.
Das Ziel einer jeden psychotherapeutischen Invervention ist es, gemeinsam mit Ihnen Ihre individuellen Umstände, die zur Entwicklung einer Depression beigetragen haben, zu identifizieren. Nachdem Sie diese Bedingungen verstanden haben, können Sie Schritt für Schritt lernen, in Zukunft potenzielle Frühwarnzeichen rechtzeitig zu erkennen und besser darauf zu reagieren. So können Sie das Entstehen einer depressiven Abwärtsspirale abbremsen oder verhindern.
Wenn du mehr wissen möchten...
Der Weg durch eine depressive Episode kann wirklich kräftezehrend und leidvoll sein, besonders wenn Sie das Gefühl haben, ganz alleine damit zu sein. Wenn Sie vermuten, dass Sie unter Depressionen leiden oder auf eine depressive Phase zusteuern, möchte ich Sie ermutigen, nachsichtig mit sich selbst zu sein. Ungefähr jeder fünfte Mensch wird im Laufe seines Lebens unter den Beschwerden einer Depression leiden. Insbesondere in unserer modernen Leistungsgesellschaft sind Erschöpfungszustände mit spürbaren Einschränkungen somit keine Seltenheit.
Um herauszufinden, wo Sie gerade stehen und ob Sie etwas dagegen unternehmen sollten, helfe ich Ihnen gerne in einer persönlichen Beratung, Ihre Lebensumstände zu überprüfen. Außerdem teile ich gerne meine persönlichen Buchempfehlungen zum Thema mit Ihnen, damit Sie zuversichtlich durch diese Phase kommen.
Ratgeber Depression: für Betroffene und Angehörige
(Martin Hautzinger)
Der achtsame Weg durch die Depression
(Mark Williams et al.)
Gib dich nicht auf, lass dich wieder ein!
(Matthias Wengenroth)